Analytisches Denken steht der Logik und der Kreativität deutlich näher als die Mathematik. Ein logisch denkender Mensch muss nicht zwangsläufig ein Mathe-Genie sein. Ansonsten wäre ich wahrscheinlich der unlogischste Mensch auf Erden. Denn während es mir leicht fällt, komplexe Sachverhalte zu verstehen, sie in einen Kontext einzuordnen und den Ursachen auf den Grund zu gehen, habe ich Mathe aus reinem Selbstschutz in der Oberstufe abgewählt. Die Komplexität der menschlichen Psyche hat mich schon immer mehr interessiert als mathematische Probleme. Oder anders gesagt: Ich packe lieber das Problem an der Wurzel als selbige aus einer Zahl zu ziehen.
Analytische Menschen machen sich ein genaues Bild sämtlicher Faktoren, die eine bestimmte Situation beeinflussen könnten. Sie geben sich nicht einfach mit Behauptungen zufrieden, sondern diese müssen mit vernünftigen Argumenten belegt werden und einer gewissenhaften Prüfung standhalten. Dementsprechend kritisch stehen sie Aussagen gegenüber, die andere unreflektiert hinnehmen. Sie sind ständig auf der Suche nach Plausibilitäten, Gründen und Ursachen. Auch als Coach frage ich: »Wie gehört was zusammen? Was sind die Gründe dafür? Und welche Auswirkungen haben bestimmte Faktoren auf ein Verhalten?«.Vor der Empathie kommt die Analyse.
Analytiker sind unverzichtbar
Auch wenn dem Umfeld ihre Logik oft unerbittlich erscheint, mag niemand auf analytisch denkende Menschen verzichten. Sie werden gerne herangezogen, um verrückte Vorstellungen und bizarre Ideen von ihrem scharfen Verstand prüfen und aussortieren zu lassen. Die größte Herausforderung für sie besteht allerdings darin, ihre Analyse nicht allzu gnadenlos zu präsentieren. Ansonsten besteht die Gefahr, dass niemand vom Ergebnis etwas hören will.
Auch Arbeitgeber erwarten von ihren Führungskräften, dass sie Sachverhalte in einen Kontext einordnen und Ursachen-Wirkungs-Beziehungen aufstellen können.
Eine saubere Analyse läuft wie folgt ab:
👉🏼 PROBLEM ERFASSEN: Situationen und Aufgaben in ihre Bestandteile zerlegen; sämtliche Teilaspekte erkennen; strukturieren
👉🏼 IN KONTEXT EINORDNEN: Zusammenhänge erkennen; Wechselwirkung beachten
👉🏼 LÖSUNGEN FINDEN: Strategien zur Problemlösung entwickeln und die beste auswählen
Jobs, die besonders viele analytische Fähigkeiten benötigen
Bei Routineaufgaben und sich ständig wiederholenden Tätigkeiten ist gewöhnlich nicht viel analytisches Denken nötig. Aber bereits bei komplexeren Aufgaben, bei denen mehrere Personen oder Abteilungen involviert sind, ist ein scharfer Verstand von Vorteil. Das betrifft vorwiegend Jobs mit Planung, Reportings oder Projektmanagement.
Wer indes öfter mit Fragestellungen wie »Warum hast du nicht bedacht, dass… ?« oder »Warum wurde diese Aufgabe nicht als erstes bearbeitet?« konfrontiert wird, sollte sein logisches Denkvermögen trainieren.
Wie Sie logisches Denken trainieren können
Ein häufiger Irrtum ist, davon auszugehen, dass man analytisches Verständnis von Natur aus hat oder eben nicht. Tatsächlich kann es – ebenso wie Empathie – gezielt trainiert und mit regelmäßigen Übungen ausgebaut werden. Dies klappt recht gut mit Logiktest oder Strategiespiele, wozu auch die gute alte Schnitzeljagd gehört. Ebenso Brettspiele wie beispielsweise Schach fördern das logische Denken. Wer es moderner mag, kann es mit Computerspiele versuchen. Einige davon stellen differenzierte kognitive Anforderungen an die Spieler wie taktisches und strategisches Denken.
Natürlich basiert analytische Denken auch zu großen Teilen auf Erfahrung. Sie stellt einen Fundus an Erinnerungen und Kenntnissen zur Verfügung, die zu Lösungsansätzen hinzugezogen werden können.
Autorin: Elke Antwerpen