Zuversicht ist das feste Vertrauen auf ein gutes Ende. Mit anderen Worten: Wer zuversichtlich in die Zukunft schaut, glaubt an eine positive Entwicklung und die Erfüllung seiner Wünsche. Dabei geht es nicht etwa um realitätsfremdes Positiv-Denken, sondern darum, selbst unter schwierigsten Bedingungen noch Chancen zu erkennen. Bei anhaltender und grundlegender Zuversicht als Charaktereigenschaft entsteht Optimismus. Es kann sich also um eine Lebenseinstellung handeln, oder aber eine ganz konkrete Sache betreffen.
Jemand, der nie seinen Glauben an eine glückliche und erfolgreiche Zukunft verloren hat, war der bekannte Astrophysiker Stephen Hawking. Als 1963 bei ihm die unheilbare Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) diagnostiziert wurde und die Ärzte ihm nur wenige Lebensjahre prognostizierten, schrieb unbeirrt an seiner Doktorarbeit weiter, heiratete und gründete eine Familie. Am Ende ist er nicht nur als brillanter Mathematiker und Physiker in die Geschichte eingegangen, sondern auch als der bis dahin am längsten überlebende ALS-Patient. Hawking starb 2018 nach einem überaus erfüllten Leben im Alter von 76 Jahren – also sage und schreibe 55 Jahre nach der Diagnose.
Forscher haben versucht zu ergründen, weshalb manche Menschen zuversichtlich in die Zukunft blicken, während andere ständig zweifeln. Sie fragten sich, warum es Kinder gibt, die unter desaströsen Bedingungen aufwachsen und dennoch stabile Persönlichkeiten entwickeln. Die trotz Vernachlässigung und Gewalterfahrungen später weder misstrauisch, noch aggressiv oder gar feindselig anderen gegenüber werden.
Zuversicht hat auch mit Resilienz zu tun
Das Ergebnis der umfangreichen Forschungen ergab, dass solche Menschen über eine erstaunliche Widerstandsfähigkeit – auch Resilienz genannt – verfügen, die sie immun gegen Depression und Pessimismus machen. Neben dem Erbgut spielen dabei auch prägende Erfahrungen eine Rolle. Jemand der schon einmal erlebt hat, dass auch schwierige Situationen gemeistert werden können, geht positiver durchs Leben als jemand, der weder auf andere, noch auf sich selbst und seinen Fähigkeiten vertraut.
Diese fünf Merkmale zeichnen optimistische Menschen aus:
- Sie glauben an das Gute
- Sie sind ehrlich zu sich selbst
- Sie lernen aus Misserfolgen
- Sie leben im Hier und Jetzt
- Sie suchen sich ihr Umfeld bewusst aus
Pessimismus – ein Erbe unserer Evolution
Der menschliche Fokus liegt seit jeher auf Probleme und Gefahren. Pessimismus liegt quasi in unserer DNA und stammt aus der Zeit, als der Säbelzahntiger hinter Büschen lauerte und um unser Leben trachtete. Um also nicht als Lebendfutter im Maul eines solchen Raubtieres zu landen, schien Vorsicht eine absolut vernünftige Angelegenheit. Der Grundgedanke »Lieber 999 mal falsch liegen als einmal gefressen werden« hat uns allerdings nachhaltig geprägt. Bis heute ist die negative Einstellung eine Schutzfunktion, auch wenn es schon lange nicht mehr ums nackte Überleben geht. Heute argumentieren Berufs-Pessimisteneher: Lieber vom Schlimmsten ausgehen und sich positiv überraschen lassen, als sich der Gefahr einer Enttäuschung auszusetzen. Dabei haben wir gerade jetzt Zuversicht nötiger denn je.
Warum wir Zuversicht brauchen
Die weltweite Situation ist schwierig wie selten und die Stimmung im Land schlecht wie nie. Kriege, Krisen, Inflation: Kaum jemand erwartet, dass sich 2024 die Dinge zum Besseren entwickeln. 88 Prozent der Unternehmen gegen davon aus, dass die wirtschaftlichen Aussichten im neuen Jahr trübe bleiben. Eine andere Umfrage ergab, dass rund ein Drittel der Deutschen mit keinerlei Verbesserung der (finanzielle) Situation im kommenden Jahr rechnet. Im Gegenteil – fast die Hälfte davon (40 Prozent) gehen davon aus, dass sie den Gürtel noch enger schnallen müssen.
Doch sollen wir wirklich den Kopf in den Sand stecken, weil wir nicht an eine positive Zukunft glauben? Sollen wir uns verkriechen und in einen tiefes Loch fallen? Das kann keine Option sein. Um handlungsfähig zu bleiben und unser Schicksal mit beeinflussen zu können, brauchen wir die Zuversicht. So wie früher der Pessimismus in Gestalt von Vorsicht und Misstrauen unser Überleben sicherte, brauchen wir heute die Zuversicht.
Optimismus ist ansteckend
Auch wenn Pessimismus genetisch angelegt ist und eine gewisse Veränderungsresistenz aufweist, bedeutet dies keineswegs, dass die Lage hoffnungslos wäre. Auch weniger zuversichtliche Menschen können durch positive Erfahrungen zu mehr Zuversicht gelangen. Dabei spielt vor allem unser Umfeld eine wichtige Rolle: Wenn wir bei anderen sehen, wie sie Krisen hoffnungsvoll begegnen, dann überträgt sich das automatisch auf uns. Optimismus ist ansteckend.
Die größten Zuversichtsquellen sind aber zum einen das Gefühl, etwas Sinnvolles zu leisten und zum anderen soziale Bindungen. Auch der religiöse Glaube und das Gefühl von Dankbarkeit zahlen auf ein Leben voller Zuversicht ein, in dem wir Schicksale besser annehmen, Krankheiten besiegen und scheinbar Unmögliches umsetzen. Und wenn es im Äußeren keinen Veränderungsspielraum gibt, dann bleibt uns immer noch die Entdeckung der inneren Freiheit. Wir können unsere Einstellung verändern, indem wir uns bewusst machen: Wir sind in unserem Leben nicht nur Betroffene, sondern Mitwirkende, Gestalter und Akteure.
Experten sind sich ebenfalls einig darüber, dass zuversichtliche Menschen gesünder sind und ein geringeres Risiko aufweisen, psychisch zu erkranken. Zuversicht schützt vor Angst und lässt Stressoren weniger an uns ran. Manche behaupten sogar, dass Optimisten attraktiver auf andere wirken. Eine positive Ausstrahlung wirkt fast wie ein Aphrodisiakum. Zumindestens kennen wir Menschen, die uns mit ihrer Positivität mit nach oben ziehen, wenn uns selbst gerade etwas mächtig herunterzieht.
Autorin: Elke Antwerpen