Einer Studie zufolge sind vierzig Prozent der Führungskräfte in deutschen Unternehmen als introvertiert einzustufen. Diese »stillen Chefs« bleiben oft im Schatten ihrer extrovertierten Kollegen, obwohl beide Führungsstile unterschiedliche, aber komplementäre Stärken einbringen. Während extrovertierte Führungskräfte durch ihre Sichtbarkeit und Energie auffallen, bringen introvertierte Führungskräfte eine wertvolle Tiefe und Nachdenklichkeit in ihre Entscheidungsprozesse ein.
Stellen Sie sich vor, ein Unternehmen steht vor einer wichtigen Entscheidung zur Einführung einer neuen Technologie. Ein extrovertierter CEO könnte die Belegschaft mit einer inspirierenden Rede motivieren, den Wandel zu begrüßen, und durch seine Energie und seinen Enthusiasmus alle an Bord holen. Im Gegensatz dazu könnte ein introvertierter CEO gründliche Recherchen anstellen, alle möglichen Szenarien durchdenken und eine durchdachte, fundierte Entscheidung treffen, die auf sorgfältiger Analyse basiert.
Beide bringen ihre Stärken mit
Extrovertierte Führungskräfte zeichnen sich durch ihre Kommunikationsstärke, ihre Fähigkeit zur schnellen Entscheidungsfindung und ihre Energie aus, die sie in das Team einbringen. Sie sind oft sichtbar, präsent und können ihre Mitarbeiter durch ihre Begeisterung und ihr Charisma mitreißen. Introvertierte Vorgesetzte hingegen bevorzugen es, zu reflektieren und gründlich zu analysieren, bevor sie Entscheidungen treffen. Sie haben die Fähigkeit, tiefere Verbindungen zu ihren Mitarbeitern aufzubauen, indem sie deren Bedürfnisse und Perspektiven wirklich verstehen. Ihre Ruhe und Besonnenheit schaffen ein stabiles Umfeld, in dem sich Mitarbeiter sicher und geschätzt fühlen.
Vorteile stiller Führungskräfte:
- Sorgfältige und überlegte Entscheidungen: Introvertierte Führungskräfte neigen dazu, tief nachzudenken und alle Aspekte einer Situation zu berücksichtigen, bevor sie eine Entscheidung treffen. Diese sorgfältige Abwägung kann zu gut durchdachten und nachhaltigen Lösungen führen.
- Aufmerksames Zuhören: Introvertierte Chefs sind oft ausgezeichnete Zuhörer. Sie geben ihren Mitarbeitern Raum, ihre Gedanken und Ideen auszudrücken, was zu einem tieferen Verständnis und einer stärkeren Teamdynamik führt.
- Fokus auf individuelle Stärken: Introvertierte Führungskräfte erkennen und fördern häufig die individuellen Talente ihrer Teammitglieder. Sie haben ein Gespür dafür, das Potenzial jedes Einzelnen zu nutzen und zu entwickeln.
- Konfliktvermeidung durch Ruhe und Gelassenheit: Ihre ruhige Art kann dazu beitragen, Spannungen im Team zu reduzieren. Sie bringen Gelassenheit in stressige Situationen und fördern eine harmonische Arbeitsumgebung
Vorteile extrovertierter Chefs:
- Energie und Motivation: Extrovertierte Chefs bringen Energie und Enthusiasmus ins Team. Ihre Fähigkeit, andere zu motivieren und zu inspirieren, kann die Moral und die Produktivität steigern.
- Starke Kommunikation und Networking: Sie sind oft sehr kommunikativ und gut vernetzt, was ihnen hilft, wichtige Beziehungen zu pflegen und neue Geschäftsmöglichkeiten zu identifizieren.
- Schnelle Entscheidungsfindung: Extrovertierte Chefs treffen oft schnell Entscheidungen und schreiten zügig zur Tat. Dies kann besonders in dynamischen und schnelllebigen Umgebungen von Vorteil sein.
- Durchsetzungsvermögen: Ihre natürliche Autorität und ihr Selbstbewusstsein helfen ihnen, ihre Visionen und Ziele klar zu kommunizieren und durchzusetzen.
Die Mischung macht’s
🤔 Natürlich gibt es auch Schattenseiten: Introvertierte stehen ungern im Rampenlicht, was dazu führt, dass sie sich eher passiv in Meetings oder bei öffentlichen Veranstaltungen verhalten, obwohl hinsichtlich ihrer Rolle erwartet wird, dass sie voranschreiten und mit anderen interagieren. Diese Tendenz kann es ihnen erschweren, ihre Stimme in Diskussionen und Entscheidungen einzubringen. Das führt oftmals dazu, dass stille Chefs in unserer überwiegend extrovertierten Arbeitswelt unterschätzt werden. Aufgrund ihrer Zurückhaltung und mangelnden Sichtbarkeit werden sie dann für weniger selbstbewusst oder weniger durchsetzungsstark gehalten. Dies kann dazu führen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Vertrauen in sie verlieren.
🤔 Extrovertierte Menschen hingegen ecken bisweilen mit ihrer lauten Art an. Sie können verdammt anstrengend sein und es ist nicht leicht, sich gegen sie zu behaupten. Außerdem neigen sie dazu, von anderen zu verlangen, dass sie sich ähnlich »forsch« verhalten, und gehen mit jedem, der diesen Erwartungen nicht entspricht, härter um.
Am Ende liegt die wahre Stärke in der Balance dieser unterschiedlichen Führungsstile. Zusammen schaffen sie ein Umfeld, das sowohl energetisch als auch tiefgründig, sowohl schnell handelnd als auch bedacht ist. Es ist die Mischung aus beidem, die den Erfolg ausmachen. Unternehmen sollten die einzigartigen Fähigkeiten beider Führungstypen erkennen und wertschätzen, um das volle Potenzial ihrer Führungsmannschaft auszuschöpfen.
Autorin: Elke Antwerpen