Ich bin nicht unhöflich, nur direkt Elke Antwerpen März 1, 2024

Ich bin nicht unhöflich, nur direkt

Es gibt Menschen, die sagen, was sie denken, ohne irgendetwas zu beschönigen. Sie hauen ihre Gedanken einfach raus und sparen auch nicht mit Kritik. Wer damit nicht zurecht kommt, ist ihrer Meinung nach zu empfindsam. Somit liegt die Verantwortung für den Verlauf eines Gespräches allein beim Empfänger.

Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Zwar bestimmt tatsächlich der Empfänger, wie eine Botschaft ankommt, aber deshalb ist der Sender keineswegs aus der Verantwortung genommen. Denn neben dem Anspruch, »offen und ehrlich« zu sein, gibt es soziale Normen. Wer seinen Mitmenschen mit schonungsloser Offenheit begegnet, dabei weder die Situation, noch die Gefühle seines Gegenübers berücksichtigt, stößt anderen schnell vor den Kopf.

Die besten Beispiele für eine brutal ehrliche Kommunikation liefern Kinder. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie meine damals dreijährige Tochter sich aus der Umarmung ihrer Oma wand mit den Worten: »Du stinkst nach Zigaretten«. Auch wenn meine Schwiegermutter lachte, war sie sichtbar gekränkt und ich peinlich berührt.

Direktheit hat auch Vorteile

Natürlich kann Direktheit auch gut ankommen, vor allem, wenn es um Komplimente und Zuspruch geht. Mit der richtigen Dosis kommt man Menschen emotional schnell näher, weil man keine Probleme damit hat, persönliche Dinge anzusprechen. Auf diese Weise weiß auch jeder genau, woran er ist.

Es gibt Situationen, in denen nicht erst lange nach der richtigen Formulierung gesucht werden kann oder sollte – zum Beispiel wenn es sehr schnell gehen muss und vielleicht sogar Menschenleben davon abhängt. Aber ganz ehrlich – wie oft kommt das vor?

Die Axt im Walde kappt Verbindungen

Auch wenn Freunde der »klaren Worte« überall anecken, stellen Sie in Schlüsselpositionen mit ihrer Schroffheit besonders viel an. Vorgesetzte müssen natürlich Erwartungen klar äußern, kritisches Feedback geben und Probleme ansprechen können, um effektiv zu sein. Doch allzu oft wird Direktheit mit Härte verwechselt, insbesondere wenn Ersteres nicht mit Taktgefühl und Respekt gepaart ist.

Das ist besonders heikel, wenn schlechte Nachrichten übermittelt oder Leistungsprobleme angesprochen werden müssen. Während einige Führungskräfte lange um den heißen Brei herumreden, fallen die anderen gleich mit der Tür ins Haus. Zwar wirkt sich beides gleichermaßen negativ auf das Gesprächsergebnis aus, aber die Axt im Walde kappt definitiv Verbindungen.

Stellen Sie sich vor, Sie zeigen Ihrem Chef ein paar Entwürfe, die Sie in stundenlanger Fleißarbeit fertiggestellt haben, und bitten ihn um seine Meinung. Der macht sich gar nicht erst die Mühe, seine Kritik zu verpacken, sondern teilt Ihnen ungeschönt mit, was er davon hält. Wahrscheinlich wären Sie nicht nur enttäuscht, sondern auch gekränkt. Hätten Sie sich nicht auch etwas mehr Diplomatie und Feingefühl gewünscht?

Klarheit und Respekt schließen sich nicht aus

Fehlen Sensibilität und Respekt in der zwischenmenschlichen Kommunikation, kann dies zu einem Vertrauensverlust und einer negativen Arbeitsatmosphäre führen. Führungskräfte stehen daher vor der Herausforderung, klar und direkt zu kommunizieren, ohne dabei die Motivation und das Engagement ihrer Mitarbeiter zu beeinträchtigen.

Durch die Fähigkeit, sich in die Lage ihrer Mitarbeiter zu versetzen, können Führungskräfte ein besseres Verständnis für deren Bedürfnisse, Motivationen und Perspektiven entwickeln. Dies ermöglicht es ihnen, ihre Kommunikation entsprechend anzupassen und eine größere Sensibilität und Rücksichtnahme zu zeigen.

Darüber hinaus kann Empathie in der Führung dazu beitragen, Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu lösen, was die Effizienz und Produktivität des Teams verbessert. Indem Führungskräfte eine offene und einfühlsame Kommunikation fördern, schaffen sie eine Kultur des Vertrauens, das es den Mitarbeitern ermöglicht, ihr volles Potenzial zu entfalten und gemeinsam erfolgreich zu sein.

Empathische Kommunikation

Auf die Kommunikation bezogen bedeutet Empathie, die potenziellen Auswirkungen unserer Worte und Handlungen auf andere zu bedenken und Wortwahl wie Tonfall entsprechend anzupassen. Der Tonfall und die Körpersprache spielen eine entscheidende Rolle in der Wahrnehmung unserer Botschaften. Er kann dazu beitragen, dass unsere direkten Aussagen besser aufgenommen und weniger als hart oder beleidigend empfunden werden.

Denn um es einmal deutlich zu sagen: Direktheit ist keine Legitimation für Härte. Wahrheiten lassen auch auf wertschätzende oder gar charmante Art vermitteln. Das erfordert natürlich ein gewisses Maß an Empathie. Konkret bedeutet das: im Zweifelsfall kurz innehalten und überlegen, wie es einem selbst in so einer Situation ginge.

Autorin: Elke Antwerpen