Es ist es schon unangenehm genug, wenn jemand redet bis der Arzt kommt. Wenn er sich dann noch ständig wiederholt, grenzt das an Körperverletzung. Nun könnte man dahinter eine bewusste Strategie vermuten. Es gibt nämlich Argumentationstechniken, bei der Penetranz das Mittel der Wahl ist. Man redet solange auf jemanden ein, bis der nicht mehr widerspricht. Das mag unter die Kategorie »schwarze Rhetorik« fallen, würde aber zumindest bedeuten, dass es sich steuern lässt. Doch in den allermeisten Fällen sind sich die Betroffenen ihres mantraartigen Vortrages nicht einmal bewusst. Und selbst nachdem sie darauf aufmerksam gemacht wurden, bleibt die »Repeat-Taste« gedrückt. Ganz zu schweigen von den kläglichen Versuchen, schwammige Aussagen nachschärfen zu wollen. Am Ende kommt meist doch nur ein Abklatsch der ersten Version raus. Sich klar und präzise auszudrücken ist eben nicht jedermanns Sache. Mit Effizienz hat das Verhalten jedenfalls nichts zu tun. Die Wissenschaft liefert dazu eindeutige Ergebnisse: Wer schnell auf den Punkt kommt, ist nicht nur erfolgreicher, sondern wird auch als glaubwürdiger und kompetenter wahrgenommen. Was also treibt Menschen wider besseren Wissens dazu an, nicht nur weit auszuholen, sondern sich auch ständig zu wiederholen?
Hier eine Sammlung von gängigen Antworten:
- Weil sie nichts mehr zu sagen haben, aber trotzdem weiter reden wollen
- Weil sie glauben, der Gesprächspartner versteht sie sonst nicht
- Weil sie der Aussage Nachdruck verleihen wollen
- Weil sie vergessen, was sie schon gesagt haben
- Weil sie auf eine Reaktion des anderen warten
- Weil sie versuchen, sich selbst zu überzeugen
- Weil die Wiederholung ihnen Sicherheit gibt
- Weil sie Wissenslücken kaschieren wollen
- Weil sie es inzwischen gewohnt sind
- Weil sie Zeit schinden wollen
Den »Opfern« ist es meist egal, was dahinter steckt – sie fühlen sich einfach nur genervt. Ein Grund mehr, das Thema endlich anzugehen. Und so gelingt es:
1. Nutzen herausfinden
Alles beginnt mit der Selbsterkenntnis. Nur Bewusstes können wir ändern. Wenn organische oder psychische Erkrankungen als Ursache der Wiederholungen einzelner Wörtern und Phrasen ausgeschlossen werden können, muss es ein anders Motiv geben. Die offensichtlichste Erklärung ist erfahrungsgemäß auch die unwahrscheinlichste. Denn in den seltensten Fällen wiederholen wir, weil wir unser Gegenüber für begriffsstutzig halten. Vielmehr soll damit die eigene Unsicherheit oder Ahnungslosigkeit kaschiert werden: »Habe ich mich verständlich ausgedrückt? Fehlen wichtige Informationen? Sind die Argumente wirklich überzeugend?« Schon zu Schulzeiten bekamen wir den gut gemeinten Rat: »Wenn du nicht weiter weißt, wiederhole einfach das zuvor Gesagte!« Und eine Strategie, die sich mal als erfolgreich erwiesen hat, etabliert sich mühelos. Fragen Sie sich: Was ist mein persönlicher Nutzen? Was gewinne oder vermeide ich mit meinem Verhalten? So kommen Sie schnell hinter das wirkliche Motiv.
2. Wiederholungen erkennen
Oft merken wir garnicht, wenn wir uns mal wieder im Gesprächsloop befinden. Denn natürlich verwenden wir nicht dieselben Worte, sondern befeuern unsere Argumente mit einem anderen Satzbau oder in einer rhetorischen Fragestellung. Unterm Strich bleibt es aber ein Wiederkäuen von Inhalten. Deshalb müssen wir aufmerksam und genau in der Analyse sein: Zieht sich die Marotte durch sämtliche Themen oder tritt sie nur in bestimmten Situationen auf? Möglicherweise ist ein Muster zu erkennen. Mit diesem Wissen lässt es sich gezielter gegensteuern. Übrigens: Allein durch diese Aufmerksamkeit reduzieren sich schon die Wiederholungen und Ausschweifungen.
3. Gut vorbereiten
Verlassen Sie sich nicht allein auf Ihre Erfahrung oder Intuition, sondern bereiten Sie wichtige Gespräche vor. Das mag wie ein »alter Hut« wirken, aber die Erfahrung zeigt, dass viele Menschen, die Gespräche als wenig zielführend erleben, sich zu wenig vorbereiten. Überlegen Sie, was Ihnen wichtig ist und legen Sie sich entsprechende Argumente zurecht. Je präziser Sie Ihre Ziele bestimmen, desto besser können Sie das Gespräch steuern. Oder anders gesagt: Wer gut vorbereitet ist und seine Kernbotschaft kennt, braucht sich nicht zu wiederholen.
4. Unterstützer einsetzen
Der Wille reicht oft nicht – wir müssen auch tun. Die Umsetzung fällt uns leichter, wenn wir ständig mit dem Thema konfrontiert oder daran erinnert werden. Ein Zettel am PC, auf dem steht: »Bitte kurz fassen!« oder dieselbe Notiz als Homescreen auf dem Handy wirken bereits Wunder. Noch effizienter ist es, jemand Vertrautes darum zu bitten, auf Wiederholungen aufmerksam zu machen. Vereinbaren Sie ein (geheimes) Zeichen und stoppen Sie ihre Ausführungen, sobald Sie das Signal erhalten. Ein kurzer Impuls reicht meist aus, um aus der Selbsthypnose zu erwachen.
5. Wissen aufholen
Manchmal fehlt einfach die Zeit, sich in ein Thema einzuarbeiten oder es werden Fragen aufgeworfen, auf die wir spontan keine Antwort haben. Das ist eigentlich halb so wild, schließlich kann niemand alles wissen. Aber »Weiß ich nicht!« wirkt natürlich nicht gerade souverän. Zur Wissenslücke kommt meist noch der Zeitdruck, und dann werden wir so richtig nervös. Das Gehirn blockiert und greift zum Rettungsanker. Dann wird einfach das vorher Gesagte wiederholt in der Hoffnung, der andere merkt nichts. Hier kann ich nur raten: Stehen Sie lieber zu Ihrer völligen Ahnungslosigkeit, bevor Sie andere für dumm verkaufen wollen. Denn natürlich durchschaut Ihr Gegenüber die Taktik. Im Anschluss schließen Sie so schnell wie möglich die Wissenslücke.
Autorin: Elke Antwerpen