Keine Frage – wir haben viel um die Ohren. Mit Deadline im Nacken kann aufmerksames Zuhören eine echte Herausforderung sein. Und ganz ehrlich – nicht jedes Gespräch interessiert uns brennend. Aber selbst wenn uns das Thema nicht wichtig ist, ist es das vielleicht fĂĽr unser GegenĂĽber umso mehr. Durch aktives Zuhören wird die zwischenmenschliche Verständigung einfacher, schneller und effektiver. Beziehungen werden gefestigt. Die Loyalität und emotionale Bindung zu den Mitarbeitern wie ĂĽberhaupt zu unseren Mitmenschen wird gefördert. Der persönliche Einfluss wächst und damit auch der Erfolg. Aber was bedeutet »aktives Zuhören« konkret?
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Zunächst einmal ist es mehr als die passive Aufnahme von Informationen, wie schon der Zusatz »aktiv« verrät. Und offensichtlich auch mehr als die Ansammlung verbaler und nonverbaler Kriterien oder die physiologische Verarbeitung eines akustischen Reizes. Die Basis des aktiven Zuhörens bilden drei wesentliche Elemente:
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1.   Eine offene und empathische Grundhaltung,
2.   authentisches und kongruentes Auftreten,
3.   Akzeptanz und bedingungslose positive Beachtung des Gesprächspartners.
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Zuhören besitzt demnach eine stark psychologisch-ethische Komponente. Es ist eine menschliche Grundhaltung mit der wir unsere Wertschätzung ausdrücken. Erst nachfolgend kommt die Technik. Hinzu kommen mehr als ein Dutzend Kriterien, an denen unser Gesprächspartner erkennt, dass wir ihm zuhören:
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- Ausreden lassen
- Pausen aushalten
- Kurzes Nachfragen
- Dem anderen die BĂĽhne ĂĽberlassen
- Emotionen ansprechen
- Mit der eigenen Meinung zurĂĽckhalten
- Paraphrasieren
- Blickkontakt halten
- Bestätigende Laute und Gesten
- Offene Körperhaltung
- Ruhe wahren bei Kritik
- Sich auf den anderen konzentrieren
- In den anderen hineinversetzen
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Haben Sie schon die ein oder andere persönliche Herausforderung entdeckt? Wie Sie lernen, nicht nur hin-, sondern wirklich zuzuhören und damit Ihrem GegenĂĽber das GefĂĽhl von Aufmerksamkeit, Respekt und Wertschätzung zu vermitteln, verrate ich Ihnen hier.Â
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- Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für das Gespräch. In einem Zeitalter, in dem gerade diese Ressource Mangelware ist, gilt Aufmerksamkeit als die höchste Form der Wertschätzung. Bereits der Rahmen, in dem Sie dem Mitarbeiter ein Gespräch anbieten, kann ein Zeichen setzen, wie wichtig Ihnen das ist. Sind Sie hingegen innerlich auf dem Sprung, wird er sich nur »dazwischengeschoben« fühlen. Brechen Sie ein Gespräch auch nicht mittendrin ab, weil Sie zu einem anderen Termin müssen. Selbst wenn es zu einer Fortsetzung kommen sollte und es Ihnen gelingt, inhaltlich an dem Punkt anzuknüpfen, wo Sie vor der Unterbrechung waren, entsteht ein Bruch.
- Halten Sie Blickkontakt. Natürlich brauchen Sie Ihr Gegenüber nicht unentwegt anzustarren, doch signalisieren Sie mit den Augen, dass Sie ganz bei ihm sind. Nichts irritiert mehr, als wenn jemand während eines Gespräches wegschaut.
- Wenden Sie sich dem Sprechenden körperlich zu. Eine zugewandte, offene Körperhaltung zeigt auch die geistige Zugewandtheit. Konzentrieren Sie sich auf Ihren Gesprächspartner. Bekomme ich mit, dass jemand während unseres Telefonats auf seiner Computertastatur tippt, beende ich schnell das Gespräch. Dann weiß ich nämlich, dass mir nicht wirklich zugehört wird. Ähnlich wird es Ihrem Gesprächspartner gehen, wenn Sie nicht zu 100 Prozent präsent sind. Am besten beseitigen Sie von vornherein alle potenziellen Ablenkungsquellen. Sobald Sie bemerken, dass Sie gedanklich abdriften, rufen Sie sich ganz bewusst die letzten Sätze in Erinnerung. Oder bitten Sie den Mitarbeiter, seinen letzten Satz noch einmal zu wiederholen. So steigen Sie elegant wieder ins Gespräch ein, bevor er aus Enttäuschung über die fehlende Aufmerksamkeit aussteigt.
- Zeigen Sie Geduld und lassen Sie den anderen ausreden. Volkskrankheit Nummer eins ist und bleibt, anderen ständig ins Wort zu fallen. Das zeugt nicht nur von schlechten Manieren, sondern wird zudem von dem Betroffenen als wenig wertschätzend empfunden. Manche Menschen neigen auch dazu, die Sätze ihrer Gesprächspartner zu vervollständigen, um Zeit zu sparen. Bedenken Sie: Pausen können ein Zeichen für Unklarheiten, Angst oder Ratlosigkeit sein. Wenn Sie darauf nicht eingehen, hängen Sie Ihren Gesprächspartner womöglich ab. Warten Sie lieber, bis er sich emotional gefangen oder die richtigen Worte gefunden hat. Durch diese Vorgehensweise stellen Sie zum einen sicher, wirklich alle wichtigen Informationen erhalten zu haben, zum anderen drücken Sie Respekt und Empathie aus.
- Halten Sie sich mit der eigenen Meinung und Vorwürfen zurück. Hier geht es nicht um Ihre Sicht der Dinge, sondern darum, über den anderen etwas zu erfahren. Machen Sie sich vor jedem Gespräch das eigentliche Ziel bewusst. Wer sich mental vorbereitet, kann dem Impuls, sofort auf das Gesagte zu reagieren, besser widerstehen und sich auf die Informationen konzentrieren, die er verbal und nonverbal erhält. Das heißt nicht, dass Sie generell keinen Standpunkt haben dürfen, nur für den Moment der Informationsaufnahme spielt der keine Rolle.
- Überlassen Sie Ihrem Gesprächspartner die »Bühne«, und versuchen Sie nicht, mit Sätzen wie »Das kenne ich« oder »Genau das habe ich auch mal erlebt« das Gespräch an sich zu reißen. Ganz bestimmt können Sie mit Ihrem reichhaltigen Wissen und Ihrem Erfahrungsschatz zu vielen Themen etwas beitragen. Das Problem ist nur: Während Sie Ihre persönliche Schatzkiste aufmachen und sich buchstäblich ausbreiten, bleibt wenig Raum für Ihr Gegenüber. Stellen Sie nicht sich, sondern ihn in den Mittelpunkt. Damit signalisieren Sie ihm: »Du bist jetzt wichtig! Sage mir, was dich beschäftigt.«
- Fragen Sie kurz nach, wenn Sie etwas nicht richtig mitbekommen haben. Viele Menschen verspüren Hemmungen, nachzufragen, wenn sie glauben, etwas nicht verstanden zu haben. Es scheint ihnen geradezu peinlich zu sein, sich den Sachverhalt noch einmal erklären zu lassen. Lieber täuschen sie vor, alles begriffen zu haben. Dabei liegt es in der Verantwortung des Senders, seine Informationen so zu verpacken, dass sie für den Empfänger verständlich sind. Zudem beweist das kurze Nachfragen aufrichtiges Interesse am Thema, wobei die Betonung auf »kurz« liegt. Ansonsten verliert der Mitarbeiter den roten Faden.
- Wiederholen Sie einzelne Wörter oder nicken Sie mit dem Kopf als Zeichen dafĂĽr, dass Sie verstanden haben. Solche bestätigenden Ă„uĂźerungen und Gesten wirken bekräftigend und passieren meist schon automatisch. Vermeiden Sie Formulierungen wie »Ich verstehe« oder »Aha«, weil sie wie abgedroschene Floskeln klingen. Auch ein brummendes »Mhm … « weist mehr auf ein passives Zuhören hin, das zeigt, dass Sie die Person zwar hören, aber vermutlich kein Interesse haben. Wirkungsvollere Alternativen sind Aussagen wie »Tatsächlich?« oder »Das ist wirklich passiert?«. Auch die Fragen »Wann? Wie? Warum?« drĂĽcken Zuspruch aus, etwas Gesagtes weiter auszufĂĽhren.
- Versetzen Sie sich in die Situation des anderen. Zeigen Sie sich empathisch, indem Sie Ihren Gesprächspartner über verbale und nonverbale Botschaften zum Weitersprechen animieren. Auf das Gesagte können Sie mit Sätzen reagieren wie: »Das tut mir sehr leid für dich« oder »Das klingt wirklich übel«. Auf den ersten Blick steckt in diesen Aussagen nicht viel Inhalt. Sie bringen aber Ihre Empathie zum Ausdruck und sind gerade für Situationen geeignet, in denen Menschen lieber Verständnis hätten als Ratschläge. Indem Sie sich zurückhalten, lassen Sie Ihrem Gegenüber Zeit und Raum, das Geschehene zu verarbeiten und selbst auf eine Lösung des Problems zu kommen.
- Bewahren Sie die Ruhe bei Kritik. Da will Ihnen jemand etwas mitteilen, was ihn ärgert, was ihn kränkt oder was ihm fehlt. Wenn Sie sich durch ein Feedback persönlich angegriffen fühlen und beleidigt reagieren, könnte das nicht nur zu einer Eskalation führen. Mitarbeiter könnten auch zu dem Schluss kommen: »Mein Chef kann mit Kritik nicht umgehen. Dann kann ich mir das auch gleich sparen.« Möglicherweise sind Sie gar nicht persönlich gemeint. Gleichgültig, was dahintersteckt – bleiben Sie souverän! In solchen Momenten hilft es, sich mehr auf sein Sachohr zu konzentrieren und weniger auf die Beziehungsbotschaft.
- Fassen Sie in eigenen Worten zusammen, was Sie gehört haben – und zwar ohne etwas hineinzuinterpretieren. Wenn Sie wiederholen, was Ihr Mitarbeiter gesagt hat, zeigen Sie nicht nur, dass Sie ihm aufmerksam zugehört haben. Sie vergewissern sich auch gleichzeitig, dass Sie verstanden haben, was er meint. Das sogenannte »Paraphrasieren« leitet man mit folgenden Formulierungen ein: »Habe ich Sie richtig verstanden, dass …« oder »Bis jetzt habe ich folgende Kernaussagen verstanden …«. Hier ist weniger das wörtliche Zitieren des Gesagten gefragt, sondern das Eingehen auf die Empfindungen und tiefergehende Gedanken des Mitarbeiters.
- Sprechen Sie die Gefühle an, wenn welche im Raum stehen. Warten Sie einen Moment ab und unterscheiden Sie kognitive und emotionale Ebene. Sind Sie sich sicher, das Gefühl identifiziert zu haben, können Sie das entsprechend offensiv äußern: »Jetzt sind Sie wütend darüber, dass …» bzw. »Sie zweifeln daran …«. Falls Sie eher unsicher sind, was an Emotionen da gerade mitschwingt, formulieren Sie neutral: »Das hört sich an, als ob …« oder »Es scheint Ihnen wichtig zu sein, dass …«. Lassen Sie dabei auch eigene Gefühle nicht außer Acht. Wenn Sie emotional aufgewühlt sind, werden Sie sich nicht auf das Gespräch konzentrieren können. Es bringt nichts, aus lauter Pflichtgefühl so zu tun als ob. Vereinbaren Sie lieber einen neuen Termin. Ihr Gesprächspartner wird dafür Verständnis haben. Schließlich sind Sie auch nur ein Mensch.
Autorin: Elke Antwerpen