Mein Chef ist das Problem Elke Antwerpen Mai 16, 2023

Mein Chef ist das Problem

Vorgesetzte können schon mal nerven, vor allem wenn sie zeitkritische Aufgaben kurz vor dem Wochenende verteilen, Urlaubstage streichen oder wegen Banalitäten eine Standpauke halten. So etwas bedeutet nicht automatisch, dass sie schlechte Chefs sind. Ganz anders verhält es sich mit Cholerikern, Despoten und Kontrollfreaks. Ihr destruktives Verhalten wirkt sich nicht nur toxisch auf das Betriebsklima aus, sondern auch auf die Gesundheit der Mitarbeiter. 

Studien zufolge tummeln sich vor allem auf höheren Managementebenen erschreckend viele Machiavellististen und Narzissten. Sie streben nach Macht, werten ihr Ego auf Kosten ihrer Mitarbeiter auf und versuchen, sie klein zu halten. Nicht selten drängen sie Untergebene zu unethischem Verhalten, wie etwa Zahlen zu schönen, wenn sie selbst einen Vorteil davon haben. Kein Wunder also, dass viele Menschen mit einem flauen Gefühl zur Arbeit gehen und Begegnungen mit Ihrem Chef fürchten. Selbst wenn es sich in den allermeisten Fällen mehr um persönliche Unzulänglichkeiten als Boshaftigkeiten handelt, muss man sich als Mitarbeiter:in nicht alles gefallen lassen.

Unglücklicherweise haben Arbeitnehmer eine natürliche Beiß-Hemmung. Laut einer Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB-Index Gute Arbeit) hat knapp die Hälfte aller Mitarbeiter (44 Prozent) Angst davor, Schwierigkeiten bei ihrem Boss anzusprechen. Sie befürchten, dass ihnen dadurch Nachteile entstehen könnten. Also wehren sie sich auf subtile Weise: indirekte Anspielungen, ironische Kommentare, Schweigen oder eine abweisende Körpersprache. Das Problem dabei ist, dass solche Signale vom Adressaten nicht immer wahrgenommen oder verstanden werden. Aber gar nichts zu unternehmen und sich in die Opferrolle zu begeben, nach dem Motto »Da ändert sich ohnehin nichts!«, ist keine gute Lösung. Auch wer seinen Chef nur selten sieht und weniger Druck verspürt, sollte handeln, bevor sich negative Emotionen anstauen. Es gibt bewährte Strategien im Umgang mit schwierigen Vorgesetzten. Ein paar davon verrate ich Ihnen gerne.

Mein Chef ist ein Choleriker

Wenn der Chef einen schlechten Tag hat, machen Mitarbeiter ganz automatisch einen großen Bogen um sein Büro. Sie wissen: Sein Zorn kann jeden treffen. Da spielt es keine Rolle, ob die Person etwas mit dem Kernproblem zu tun hat oder nicht. Um erst gar keine Angriffsfläche zu bieten, bemühen sich viele Mitarbeiter, alles richtig zu machen. In der Anstrengung, möglichst perfekte Arbeit abzuliefern, kommen sie an ihre physische und  psychische Grenzen. Geraten sie trotzdem in die Schusslinie, fühlen sie sich angesichts der geballten Aggression ohnmächtig. So viel Impulsivität flößt einfach Angst ein. Was also tun? Flüchten, um sich dem Geschrei nicht weiter auszusetzen? Kapitulieren und sich demütigen lassen? Oder einfach zurück brüllen? 

Mein Tipp: Wenn der Chef mal wieder einer seiner Tobsuchtsanfälle hat und sich im Ton vergreift, sollten Sie vor allem eines: freundlich bleiben. Oft nimmt das solchen Typen den Wind aus den Segeln. Gehen Sie auf keinen Fall auf Konfrontationskurs. Dabei können Sie nur verlieren. Nicht nur, dass die Situation vollends eskalieren würde, es macht Sie auch angreifbar. Aus respektlosen Verhalten Ranghöheren gegenüber lässt sich leicht ein Strick drehen.

Das bedeutet nicht, dass Sie kuschen sollen. »Brüll-Löwen« sind oftmals Machtmenschen, und die reagieren auf Schwäche selten mit Milde, sondern schlagen erbarmungslos zu. Auch wenn Sie Ihren Chef in solchen Augenblicken am liebsten verfluchen würden – lassen Sie es! Ihre Mimik wird ihre Gedanken verraten und den wild gewordenen Löwen zusätzlich reizen. Versuchen Sie, den Wortschwall als leises Rauschen in den Hintergrund zu drängen, indem Sie einfach an etwas Angenehmes denken. Das ist sicherlich leichter gesagt als getan, denn bei (verbalen) Angriffen blockiert unser Gehirn. Um diese Blockade zu lösen, hilft es, tief durchzuatmen. Doppelt solange ausatmen wie einatmen beruhigt das Nervensystem. Das Gute bei Jähzorn ist: So plötzlich, wie er ausbricht, so schnell geht er vorbei. 

Wenn Sie sich dazu entscheiden, den Raum zu verlassen, dann auf souveräne Art und Weise. Sagen Sie mit fester Stimme: »Vielleicht sollten wir zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal in Ruhe darüber sprechen.« Dann drehen Sie sich um und gehen. 

Ein weiterer, zugegebenermaßen nicht ungefährlicher, weil passiv-aggressiver Trick ist es, während einer solchen Szene einen Notizblock hervorzuholen und anzufangen, sich etwas aufzuschreiben. Ziel dieser Strategie ist, den anderen aus dem Konzept zu bringen. Falls Ihr Vorgesetzter fragen sollte, was Sie da tun, sagen Sie einfach, dass Sie sich seine Kritik zu Herzen nehmen und deshalb notieren wollen. Die Wirkung ist verblüffend: Sobald dem Choleriker klar wird, dass seine Worte schriftlich festgehalten werden, kontrolliert er seine Sprache und mäßigt seinen Ton.

Mein Chef ist ein Kontrollfreak

Schön, wenn der Boss seinen »Laden« im Griff hat und genau weiß, was vor sich geht. Doch wenn Aufgaben nicht aus der Hand gegeben, sich überall eingemischt oder  Pausenzeiten kontrolliert werden, hört bei den meisten Mitarbeitern der Spaß auf. Mit geringen Freiräumen sinkt die Arbeitsmoral. Kontrollfreaks sind aber nicht nur Motivationskiller, sondern auch echte Entwicklungsbremsen. Sie berauben ihre Schutzbefohlenen jedweder Chance, sich zu beweisen und weiterzuentwickeln. Und wer fühlt sich schon wohl, wenn ihm jemand ständig über die Schulter schaut?

Mein Tipp: Wie wäre es, sich statt über die vermeintlichen Profilneurose aufzuregen, die Mikromanagern gerne unterstellt wird, den Fokus auf das Bedürfnis richten, was hinter dem Kontrollzwang steckt? Wenn Ihr Chef Sicherheit braucht, dann geben Sie die ihm – und zwar bevor er auf die Idee kommt, kontrollieren zu müssen. Fragen Sie ganz bewusst immer wieder nach mehr Verantwortung. Gibt es einen neuen Kunden oder ein großes Projekt, bieten Sie an, die Arbeit daran zu übernehmen. Ziehen Sie Ihr Ding durch und halten Sie ihn stets auf dem aktuellen Stand. Informieren Sie ihn über jede Entscheidung und seien Sie auch sonst möglichst transparent, damit er sieht, wie Sie denken und arbeiten. So kann er Vertrauen aufbauen und lässt Sie bald in Ruhe arbeiten. Das mag etwas aufwendig klingen, ist aber gut investierte Zeit. Denn indem Sie die Initiative ergreifen, gewinnen Sie ein Stück Selbstbestimmung zurück.

Nutzt das nichts, steht auch hier ein Vier-Augengespräch an. Erklären Sie Ihrer Führungskraft, was die ständige Kontrolle bei Ihnen bewirkt. Sagen Sie ruhig, wie sehr es Sie unter Druck setzt und dass Sie enttäuscht sind über das fehlende Vertrauen. Den meisten ist garnicht bewusst, wie destruktiv ihr Verhalten auf andere wirkt und versuchen dann wenigstens, etwas zu ändern. 

Mein Chef ist eine Mimose

Niemand mag negatives Feedback. Da wird Ihr Chef keine Ausnahme bilden. Lob kann Freude auslösen, Kritik gleich eine ganze Armee von Negativgefühlen. Executives der alten Schule sind oft besonders empfindlich. Dass ihnen ein »Untergebener« die Meinung sagt, sind sie schlichtweg nicht gewohnt. Jüngere Manager dagegen haben gelernt, dass sie nicht nur Feedbackgeber sind, sondern solches auch von ihren Mitarbeitern erhalten. Doch auch diese Generation an Leadern ist nicht gefeit vor dem Makel der Kritikunfähigkeit.

Obwohl Kritik häufig gut gemeint ist und Verbesserungsvorschläge beinhaltet, kann nicht jeder gut damit umgehen. Männer sollen übrigens 1,6 Mal kritikunfähiger als Frauen sein.  Sie sollen auch emotionaler auf die Ablehnung ihrer Vorschläge reagieren. Natürlich gibt es ebenso weibliche Vorgesetzte, die zwar gerne austeilen, aber sich hochempfindlich zeigen, wenn es um die  eigene Arbeit geht. Ob es sich nun um eine männliche oder weibliche Mimose handelt – das kleinste Anzeichen von Kritik lässt sie erzittern und fasst sie als Angriff, Beleidigung oder Demütigung auf. Auch jegliche andere Bemerkung nimmt sie sofort persönlich. Mitarbeiter äußern ihren Ärger deshalb oft nur unter Kollegen, was nicht eben zu einem guten Verhältnis zum Chef beiträgt. Der wiederum wendet sich instinktiv weniger kritische Kollegen zu. Ja-Sager kratzen eben nicht am Ego. Wer traut sich da noch, offen und ehrlich seine Meinung kundzutun, wenn zu befürchten ist, dass der andere gleich eingeschnappt ist oder in Verteidigungsposition geht?

Mein Tipp: Machen Sie sich klar, dass Sie für die Schwächen anderer verantwortlich nicht sind. Sie können Ihrem Chef aber helfen, an seiner Kritikfähigkeit zu arbeiten. Bleiben Sie sachlich und lassen Sie sich nicht von Ihren Emotionen leiten. Je professioneller die Punkte vorgebracht werden, desto positiver wirkt sich das auf die Reaktion des Gegenübers aus. Schildern Sie, was Sie beobachtet haben und machen Sie es an konkreten Beispielen fest. Verzichten Sie auf Vorwürfe – also nicht richten, nicht lamentieren und nicht moralisieren. Verwenden Sie Ich-Botschaften. Wenn wir von uns erzählen, senkt das beim Gegenüber den Druck. Anschließend verdeutlichen Sie die Auswirkungen, die das unerwünschte Verhalten mit sich bringt, und wie sie sich dabei fühlen. Schlagen Sie eine Lösung vor bzw. äußern Sie Ihren Wunsch. Das ist natürlich keine Garantie dafür, dass Ihr Chef die Kritik annimmt, aber die Chancen stehen höher.  

Mein Chef ist ein Narzisst

Narzisstische Vorgesetzte führen nicht, weil sie sich dazu berufen fühlen und Dinge bewegen wollen. Sie führen vor allem aus einem Grund: um ihr Selbstwertgefühl zu stärken. Sie sind extrem darum bemüht, Anerkennung zu bekommen und gut dazustehen. Bei Fehlern oder schlechten Zahlen verweisen sie gerne auf andere. Geht es dagegen um Erfolg, heimsen sie die Lorbeeren ein, anstatt die Teamleistung in den Vordergrund zu stellen. 

Anfangs wirkt ein Narzisst besonders freundlich und zuvorkommend und achtet darauf, dass sein Team nicht mit zu vielen Projekten überlastet ist. Er kann durch seine charismatische Art eine besonders starke Identifikation mit der Abteilung oder dem Unternehmen schaffen. Erst mit der Zeit zeigen sich die unangenehmen Wesenszüge. Das rücksichtslose Verhalten narzisstischer Personen dient letztlich nur einem Zweck: dem Selbstschutz. Es soll um jeden Preis vermieden werden, die eigene Schwäche zu spüren und entlarvt zu werden. Um zu verhindern, dass ihre Schwächen auffliegen, nutzten narzisstische Führungskräfte gerne eine besonders perfide Taktik: Sie spielen die Mitarbeiter gegeneinander aus. Als Meistern der Manipulation fällt es ihnen leicht, andere dazu zu bringen, Dinge zu tun und zu denken, die sie eigentlich gar nicht wollen. So könnten sie zum Beispiel einem Mitarbeiter gegenüber andeuten, dass sein Kollege die Absicht hat, karrieretechnisch an ihm vorbeizuziehen. Durch solche erfundenen Geschichten erhöhen Berufs-Egozentriker den Druck auf ihre Mitarbeiter und jagen ihnen die gleiche paranoide Angst ein, unter der sie selbst leiden. Umgekehrt erwarten Sie besser keine Anerkennung von ihm. Narzissten sind toxische Personen, die sich selbst und andere nicht auf realistische Weise sehen können, denen es an Empathie mangelt und nur die eigene Leistung schätzen.

Mein Tipp: Ein Narzisst brauchen viel Aufmerksamkeit und uneingeschränkte Bewunderung. Nutzen Sie diesen Umstand, indem Sie positives Verhalten mit positiven Äußerungen verstärken. Vermutlich sind Komplimente das allerletzte, wonach Ihnen der Sinn steht, zumal Sie selbst keine Wertschätzung ihrer Leistung zu erwarten haben. Nichtsdestotrotz wirkt diese Taktik. Mit kleinen Egomassagen und positiven Rückmeldungen über ihre Kompetenz verwandeln sich Narzissten in freundlichere Zeitgenossen und verschonen Sie von Angriffen. Ziel erreicht! Aber Achtung: Das Lob muss ernst gemeint sein. Ansonsten wird der Plan schnell durchschaut und die Wirkung verpufft.

So positiv Narzissten auf Lob anspringen, so allergisch reagieren sie auf Kritik. Denn hinter dem aufgeblasenen Ego verbirgt sich ein geringes Selbstwertgefühl. Es ist sogar mit verletzende Präventivschlägen zu rechnen, damit ihnen bloß niemand zu nahe kommt. Von daher sind Sie gut beraten, negative Dinge in Geschenkpapier zu verpacken. Wohlwollende, freundliche Worte leisten auch hier gute Dienste, weil sie den Schmerz mildern. 

Bei Intrigen hilft nur ein: Allianzen bilden und konfrontieren. Eine der wichtigsten Regeln im Umgang mit toxischen Führungskräften ist es, als Team gut miteinander zu kommunizieren. Durch den Austausch mit den Kollegen stellt sich schnell heraus, was an den Geschichten wirklich dran ist. Sie können dann geschlossen gegen ihn vorgehen. So muss nicht ein Einzelner im Team die Konsequenzen dafür tragen.

Mein Chef ist ein Tyrann

Aggressiv-autoritäre Menschen begegnen uns immer wieder in der Arbeitswelt. In deren Köpfen herrschen Vorurteile, Schwarz-Weiß-Denken, Doppelmoral und der Wunsch, andere zu dominieren. Ein berühmtes Beispiel für einen Despoten war Steve Jobs, der sein Unternehmen mit harter Hand führte und keine Meinung außer seiner eigenen gelten ließ. Er hatte genau vor Augen, wie seine und zwar nur seine Vision umgesetzt wird.

Natürlich ist es schlecht, wenn Vorgesetzte ihre Macht benutzen, um ihren Willen durchzusetzen, etwa indem sie mit Abmahnung, Kündigung, Versetzung oder Nichtbeförderung drohen. Das Schlimme ist: Sie kommen mit ihrem Verhalten in den meisten Fällen durch. Statt in die Schranken gewiesen zu werden, klettert ein Tyrann oftmals zügiger als andere die Karriereleiter hinauf. Der Fehler liegt im System: Je weiter so einer aufsteigt, desto mehr ist er von Menschen umgeben, die von ihm und seiner Gunst abhängig sind.

Mein Tipp: Kurzfristig besteht die beste Option darin, nachzugeben und die Anweisung zu befolgen. Denn bei derart offensiv ausgesprochen Drohungen zieht der Mitarbeiter auf jeden Fall den Kürzeren. Wer allerdings immer brav macht, was von ihm verlangt wird, läuft Gefahr, irgendwann nicht mehr ernst genommen zu werden. Schlimmer noch: Wittert ein Tyrann bei seinem »Opfer« Angst und Verunsicherung, setzt er meist noch einen drauf. Ihr Ziel sollte es daher sein, die eigene Souveränität zu bewahren. Deshalb gilt vieles von dem, was es an Tipps im Hinblick auf Choleriker gab, auch bei dieser herrischen Chef-Spezies. 

In der akuten Situation ist das Wichtigste, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich nicht schikanieren oder von der Aggression anstecken zu lassen. Sollte eine persönliche Grenze überschritten werden, machen Sie deutlich: »Bis hier hin und nicht weiter.« Droht der Despot mit Kündigung, neutralisieren Sie seine Macht, indem Sie zu erkennen geben, dass Sie zwar die Arbeit schätzen, aber notfalls die Firma verlassen würden. Vergreift Ihr Boss sich im Ton, könnten Sie sagen: »Ich gehe mit Ihnen respektvoll um, also bitte ich Sie darum, mir ebenfalls Respekt entgegenzubringen.« Mit der entsprechenden Körperhaltung verleihen Sie den Worten Nachdruck. Stellen Sie sich hin, machen Sie den Rücken gerade, Schultern nach hinten. Die Arme sollten locker vor dem Körper liegen, Ihr fester Blick soll Entschlossenheit ausdrücken. Auch hier geht es nicht darum, sich auf einen Machtkampf einzulassen, sondern Souveränität auszustrahlen.

Manchmal empfiehlt es sich, eine externe Person hinzu zu ziehen, eventuell auch einen Vertreter des Personalbüros oder des Betriebsrats. Führen Sie ein Arbeitstagebuch, um im Konfliktfall auch ohne Zeugen konkretes Missverhalten vor dem Betriebsrat aufweisen zu können. 

Allgemein rate ich Ihnen: 

Sich zu wehren, ist nicht einfach, denn die Folgen können gravierend sein – und das macht Angst. Da hilft es schon, seine Ängste zu hinterfragen, um sich darüber klar zu werden, was im schlimmsten Fall passieren kann. Überlegen Sie, ob es Situationen gab, in denen Sie keine Angst vor der Macht Ihres Chefs hatten und was da anders war. Wie würden Sie ihm begegnen, wenn Sie keine Angst mehr hätten?

Die Kunst ist es, zwischen persönlicher Kränkung und echtem Missmanagement zu unterscheiden. Deshalb empfiehlt sich generell, die eigene Wahrnehmung und das  eigene Verhalten zu überprüfen. Denn fairerweise muss man persönliche Fehler mit in sein Kalkül aufnehmen. »Gibt es etwas an meinem Verhalten, das eine solche Reaktion beim Chef hervorruft?« Veränderung beginnt immer bei einem selbst. 

Zeigen Sie Verständnis. Wechseln Sie die Perspektive und versuchen Sie sich in die Lage Ihres Vorgesetzten zu versetzen. Schlechtes Benehmen ist niemals in Ordnung, aber es kann durchaus hilfreich sein, wenn Sie versuchen, die Beweggründe dahinter zu verstehen. Auch Führungskräfte sind nur Menschen und so kommt es manchmal vor, dass sie sich nicht zu einhundert Prozent professionell verhalten. Spannungen entstehen oft, weil auch Chefs immensem Stress ausgesetzt sind.

Schreiben Sie auf, was Sie stört oder belastet. Während Sie das Problem formulieren und schriftlich fixieren, findet ein Reflexionsprozess statt. Fragen Sie sich: »Geht es mir wirklich um die ungerechte Aufgabenverteilung, oder fühle ich mich grundsätzlich überlastet?« So wird einiges schon klarer. Fängt man an, über eine unfaire Aufgabenverteilung zu reden, aber die Ursache ist gar nicht die Aufgabenverteilung, sondern die grundsätzliche  Überlastung, löst sich das Problem nicht. 

Setzen Sie Grenzen, suchen Sie das Gespräch und nehmen Sie nicht alles persönlich. Ab und zu tut es auch gut, seinem Chef gute Absichten zu unterstellen. Ich kenne Führungskräfte, die einzelnen Mitarbeitern viele Aufgaben übertragen, weil sie der Meinung sind, sich auf sie verlassen zu können oder weil sie diese besonders fördern möchten. Sie sprechen nur nicht offen darüber. Hier können Sie um mehr Transparenz bitten, und dass es nicht schaden würde, öfter zu erwähnen, wie zufrieden er mit Ihrer Arbeit ist. 

Last but not least: Den Umgang mit schwierigen Vorgesetzten werden Sie nicht von heute auf morgen meistern. Stellen Sie sich besser auf einen längeren Prozess ein. Falls sich das Verhalten Ihres Chefs nicht ändert, obwohl Sie alles getan haben, um die Situation zu verbessern, sollten Sie die Reißleine ziehen und gehen.

Autorin: Elke Antwerpen