Stark trotz Zweifel Elke Antwerpen Mai 1, 2025

Stark trotz Zweifel

Wir reden viel über Selbstvertrauen. Aber kaum jemand spricht offen über das Gegenteil. Was tun, wenn es wackelt? Wenn du plötzlich zweifelst, ob du richtig liegst oder genug bist?

Eine Klientin erzählte mir kürzlich: „Ich habe ein Projekt geleitet, das eigentlich gut lief. Und trotzdem habe ich nachts wachgelegen und gedacht: Vielleicht hätte jemand anderes das besser gemacht.“

Es war keine Kritik, die sie unsicher machte. Es war die innere Stimme, die immer wieder nachfragte: Mach ich alles richtig?

Viele erleben solche Momente als Kontrollverlust. Dabei steckt darin oft etwas ganz anderes: ein Aufbruch. Denn Unsicherheit kommt selten grundlos. Sie zeigt sich dort, wo du innerlich wachsam wirst. Wo du dich streckst. Wo du noch nicht angekommen bist, aber auf dem Weg.

Gerade in Führung, in Veränderungsphasen oder bei wichtigen Entscheidungen ist sie fast unvermeidlich – und oft der Startpunkt für echte Entwicklung.

Psychologischer Hintergrund

Unser Gehirn liebt Muster, Kontrolle und Vorhersagbarkeit. Unklare Situationen oder Selbstzweifel aktivieren das Alarmsystem im limbischen System. Vor allem die Amygdala schlägt Alarm: Achtung, Gefahr! Das war evolutionär überlebenswichtig. Heute jedoch führt diese Alarmreaktion oft zu inneren Kurzschlüssen: Grübeln, Rückzug, Anpassung.

Im Coaching begegnet mir Unsicherheit regelmäßig. Interessanterweise fast immer dann, wenn etwas in Bewegung ist. Sie taucht auf, wenn Menschen anfangen, alte Rollen zu hinterfragen, sich aus Überanpassung lösen oder Verantwortung übernehmen wollen.

Es ist wichtig, sie nicht einfach nur zu überspielen oder wegzudrücken, sondern bewusst wahrzunehmen. Dann ist es möglich, darin wichtige Hinweise zu entdecken.

Unsicherheit ist keine Schwäche sie ist eine Einladung, sich selbst besser kennenzulernen und neue Handlungsspielräume zu entwickeln.

5 Strategien, die wirklich helfen

1️⃣ Nenn das Kind beim Namen

Sag dir (oder deinem Gegenüber): „Ich bin gerade etwas verunsichert.“ Sobald du es aussprichst, verliert es Macht. Was du benennst, beherrscht dich weniger.

2️⃣ Stoppe den Gedankenstrudel

Frag dich: „Wie würde ich denken und handeln, wenn ich mir voll vertrauen würde?“ Meist verunsichert uns nicht die Realität, sondern alte Geschichten im Kopf.

3️⃣ Bestehe täglich kleine Mutproben

Mut wächst durch Übung, nicht durch Heldentaten. Fang mit etwas Kleinem an: ein ehrliches Feedback geben, deine Meinung in der Runde sagen, eine unangenehme Mail losschicken. Steigere dich Schritt für Schritt. Denn Mut ist wie ein Muskel – ohne Training verkümmert er.

4️⃣ Nutze Unsicherheit als Wegweiser

Hinter Unsicherheit steckt fast immer ein unerfülltes Bedürfnis – nach Anerkennung, Sicherheit oder Zugehörigkeit. Frag dich: Was brauche ich gerade wirklich? Manchmal ist es ein Gespräch. Manchmal ein ehrliches Lob. Oder einfach nur eine Umarmung. Wenn du erkennst, was deine Unsicherheit dir sagen will, kannst du gezielter für dich sorgen, statt an dir selbst zu zweifeln.

5️⃣ Hol dir Rückhalt

Du musst da nicht allein durch. Ob Freund, Kollege oder Coach: Unsicherheit wird kleiner, wenn du sie mit jemandem teilst, der nicht bewertet, sondern begleitet.

Vielleicht wirst du nach dem Lesen dieser Zeilen nicht sofort zur personifizierten Selbstsicherheit. Aber du hast jetzt Werkzeuge an der Hand, mit denen du dich dahin entwickeln kannst.

Wenn du das nächste Mal spürst, dass es in dir wackelt, erinnere dich: Du kannst dem Moment standhalten. Du darfst ihn aussprechen. Du kannst dich fragen, was du gerade brauchst. Und du darfst dich dabei unterstützen lassen. 💪

Autorin: Elke Antwerpen