Dein Empathie-Muskel braucht Training  Elke Antwerpen Dezember 1, 2024

Dein Empathie-Muskel braucht Training 

  1. Ich erinnere mich an einen Abend mit meiner Tochter, der mir bis heute im Kopf bleibt. Es ist schon einige Jahre her, lange vor meiner Zeit als Coach. Sie war damals 13 Jahre alt und kam nach der Schule aufgewühlt in die Küche. Ihre Worte überschlugen sich, sie wirkte emotional erschöpft, und ich dachte sofort: „Wie kann ich ihr helfen?“

Plötzlich wurde sie still. Ihr Blick sagte alles. Schließlich meinte sie: „Mama, ich wollte doch nur, dass du mir zuhörst.“ In diesem Moment fühlte ich mich richtig schlecht. Ich hatte es nur gut gemeint, doch ich begriff: Gut gemeint ist nicht dasselbe wie gut gemacht. Es war ein Schlüsselmoment für mich. Empathie bedeutet nicht, sofort Lösungen anzubieten. Sie bedeutet, da zu sein, zuzuhören und die Emotionen des anderen anzunehmen.

Seitdem übe ich täglich – denn Empathie ist wie ein Muskel: Sie wird stärker, je mehr du sie einsetzt.

 
Warum Empathie trainiert werden muss
 

 

Empathie wächst durch Übung. Sie entwickelt sich, je mehr wir sie bewusst einsetzen. Und wie ein Muskel, der durch Training wächst, bleibt Empathie flexibel und stark, wenn wir sie regelmäßig nutzen. Fehlt jedoch der soziale Austausch, kann diese Fähigkeit schwächer werden.

Ein wichtiger Baustein dabei sind die sogenannten Spiegelneuronen: Nervenzellen, die in unserem Gehirn aktiv werden, wenn wir Emotionen, Handlungen oder Intentionen anderer beobachten. Sie ermöglichen uns, intuitiv mitzufühlen und das Verhalten anderer nachzuvollziehen. Studien zeigen, dass soziale Interaktionen die Aktivität dieser Neuronen fördern. Ohne Übung – beispielsweise durch mangelnden Austausch – können diese Funktionen jedoch beeinträchtigt werden. Das macht deutlich, wie essenziell Empathie für unsere soziale und emotionale Gesundheit ist.

 
Die drei Ebenen der Empathie        
                
  1. Emotionale Empathie bedeutet: mitfühlen. Du spürst die Freude, den Schmerz oder die Frustration deines Gegenübers.
  2. Kognitive Empathie heißt: verstehen. Du kannst dich in Gedanken und Perspektiven anderer hineinversetzen.
  3. Soziale Empathie: den großen Kontext erkennen. Du verstehst, wie gesellschaftliche oder kulturelle Hintergründe das Leben und die Sichtweisen anderer prägen. 
 
5 praktische Tipps, wie du Empathie trainieren kannst
 

🎯 1. Fühle mit und benenne Emotionen

Emotionale Empathie beginnt damit, dass du dich auf die Gefühle deines Gegenübers einlässt. Höre nicht nur auf die Worte, sondern achte auf Gestik, Tonfall und Ausdruck. Reagiere darauf: „Das klingt, als wärst du enttäuscht“ oder „Das muss eine echte Erleichterung für dich gewesen sein!“ Wenn du die Emotionen benennen kannst, stärkst du die Verbindung.

🎯 2. Mach den Perspektivenwechsel

Kognitive Empathie bedeutet, bewusst die Perspektive deines Gegenübers einzunehmen. Frag dich: „Wie würde ich mich fühlen, wenn ich in dieser Situation wäre?“ Oder besser noch: Frag nach! Was denkt die Person wirklich? So trainierst du deine Fähigkeit, andere Sichtweisen zu verstehen – selbst wenn du sie nicht teilst.

🎯 3. Öffne deinen Horizont

Für soziale Empathie hilft es, aus deiner eigenen Bubble herauszutreten. Lies Bücher, schaue Filme oder sprich mit Menschen, die aus einem anderen kulturellen oder sozialen Umfeld kommen. Frag nach ihren Erfahrungen und Meinungen – und höre zu, ohne zu bewerten.

🎯 4. Stell die richtigen Fragen

„Wie geht’s?“ ist nett, aber oft zu oberflächlich. Frag stattdessen: „Was beschäftigt dich gerade?“ oder „Was würdest du dir in dieser Situation wünschen?“ Und dann: Hör wirklich zu. Nicht nur auf die Worte, sondern auch auf das, was zwischen den Zeilen steht.

🎯 5. Beobachte dich selbst in Gesprächen

Wie oft unterbrichst du? Wie schnell wechselst du in den „Lösungsmodus“? Empathie bedeutet, sich selbst zurückzunehmen und die Aufmerksamkeit ganz auf das Gegenüber zu richten. Übe, bewusst zuzuhören und Pausen zuzulassen. Oft ergibt sich die beste Verbindung in den Momenten, in denen du einfach still bleibst.

 
Warum das alles wichtig ist
 

 

Empathie ist der Schlüssel, um echte Verbindungen zu schaffen – beruflich wie privat. Sie gibt dir die Möglichkeit, über den Tellerrand hinauszublicken, Perspektiven zu erweitern und Entscheidungen zu treffen, die nicht nur effizient, sondern auch menschlich sind. Kurz gesagt: Empathie ist die Fähigkeit, die dich und dein Umfeld weiterbringt – und zwar nachhaltig.

Zudem ist sie ein unverzichtbarer Baustein für erfolgreiche Zusammenarbeit. In der Führung schafft sie Vertrauen – die Grundlage für ein motiviertes Team, das offen kommuniziert und auch in schwierigen Situationen an einem Strang zieht. Empathie hilft dir, Konflikte zu entschärfen, bevor sie eskalieren, weil du verstehst, was die wirklichen Bedürfnisse und Ängste deines Gegenübers sind. In Teams sorgt sie dafür, dass Menschen sich gesehen und gehört fühlen, was nicht nur die Zusammenarbeit stärkt, sondern auch Kreativität und Innovation fördert.

Neugierig auf mehr? In meinem Buch „Empathie mit Köpfchen“erfährst du, wie du emotionale Intelligenz mit Klarheit und Struktur verbindest und deine Empathiefähigkeit nachhaltig steigerst.

Autorin: Elke Antwerpen